SPD Wernau

Mangelverwaltung oder Abzocke?

Veröffentlicht am 01.12.2016 in Fraktion

Parkraumkonzepte dienen in erster Linie der Mangelverwaltung des öffentlichen Parkraumes. In der öffentlichen Diskussion wird das "Anrecht auf einen Parkplatz", möglichst direkt vor der Tür, immer sehr lautstark gefordert. Für eine gerechte Verteilung zu sorgen ist also durchaus eine städtische Aufgabe. Das Generieren von Einkünften hingegen ist kein anerkanntes Interesse einer Gemeinde und sollte nicht im Vordergrund stehen, sondern im Zusammenhang mit Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen von Parkhäusern und gestalteten Parkplätzen oder als Steuerungsinstrument diskutiert werden.

Nicht so sieht das das konservative Lager des Gemeinderates. Da hatte man in der Gemeinderatssitzung vom 28.11. 2016 den Eindruck, es soll der Versuch unternommen werden, den städtischen Haushalt über die Parkgebühren vor dem Ruin zu bewahren.

So überraschten WBL/JB und CDU das Gremium mit ihrem ganz eigenen Parkraumkonzept und einer euphorischen Hochrechnung, wie viele Mehreinnahmen damit erwirtschaftet werden können.

Dass bei dieser Rechnung private Flächen kurzerhand mit einbezogen, die Anzahl der notwendigen Parkautomaten und die damit verbundenen Investitions-und Wartungskosten deutlich zu gering angesetzt wurden, die Kosten für die vermehrten Kontrollen und der Mehraufwand für die Nachbearbeitung zunächst einmal unberücksichtigt bleiben, war für die Initiatoren dieses Parkraumkonzeptes kein Hindernis es zu beschließen.

Aber zurück zum Anfang, wie sieht das vorgestellte Parkraumkonzept aus. Möglichst überall Gebühren, wo bislang ein Parken mit Parkscheibe erlaubt war. In der Kirchheimer Str. zwischen Quadrium und bft-Tankstelle, einschließlich der Parkplätze vor dem Alten Rathaus und der Stadthalle sowie entlang der Hauptstraße, von der Volksbank bis zur Metzgerei Bauer und in der Junkersstraße vor dem Bistro City werden die Parkplätze jetzt gebührenpflichtig und Parkscheinautomaten aufgestellt. Dafür hat die WBL/JB 9 Automaten vorgesehen. Das hat zur Konsequenz, dass da ganz schöne Strecken zwischen zwei Zahlmöglichkeiten liegen werden, aber Bewegung ist ja gesund.

Die Anschaffungskosten pro Automat werden von der Verwaltung mit mind. 5000€ plus 4000€ für die Herstellung des Stromanschlusses sowie der Fundamente beziffert. Damit sind wir bei einer Anfangsinvestition von rund 81000€. Hinzu kommen im laufenden Betrieb Strom-, Reparatur-/Wartung- und Personalkosten, die auf ca. 3.000€ bis 5.000€ p.a. geschätzt werden.

Wie in der Sitzung des Verkehrsausschusses dargelegt, rechnet die Verwaltung (ohne Gewähr) für 49 Parkplätze mit jährlichen Einnahmen von rund 36.000 € an Parkgebühren. Bei dieser Einnahmeschätzung ging man von einer Belegungsquote von 70% aus. Von wie vielen Parkplätzen mit welcher Belegungsquote die WBL/JB bei ihrer Berechnung ausgeht blieb leider offen und so lässt sich nicht nachvollziehen, wann sich die Parkautomaten amortisieren und ab wann mit welchem Überschuss zur Minderung des Abmangels gerechnet werden kann.

Studien kommen zum Ergebnis, dass bei Parkvorgängen bis 15 Minuten zu einem großen Anteil auf ein gültiges Parkticket verzichtet wird. Der Anteil liegt in diesem Bereich zwischen 30% und 40%. Und um Kurzparker geht es ja vorrangig, schnell mal zum Bäcker oder in die Apotheke springen. Ein weiteres Ergebnis der Studien besagt: je weiter der Automat vom genutzten Parkplatz entfernt ist, desto höher ist der Anteil der Nichtzahler. Nachvollziehbar, bevor ich ein Ticket gezogen habe, bin ich beim Bäcker schon wieder draußen. Es gibt deshalb klare Empfehlungen von Fachleuten um eine hohe Akzeptanz des Parkraumkonzepts zu erreichen. So sollte die zeitliche Staffelung an der kleinsten akzeptierten Münze ausgerichtet werden und Zeitintervalle von 10 Minuten nicht überschreiten. Die WBL/JB sieht 30 Min vor. Die Mindestparkgebühr sollte ebenso wie die zeitliche Staffelung der Parkgebühr an der kleinsten akzeptierten Münze ausgerichtet werden und das Äquivalent von 10 Minuten nicht überschreiten. Im Konzept der WBLJB stehen 50 ct. Auf gebührenfreies Parken an Parkscheinautomaten, sollte angesichts negativer Effekte (Einnahmeverluste, Verkürzung von Aufenthaltsdauern in den Geschäften) verzichtet werden. Die WBL/JB führt eine Sanduhr (Ersatz für die Parkscheibe im Auto) für die ersten kostenlosen 12 Minuten ein. Alle fachlichen Empfehlungen wurde in dem Konzept der WBL/JB konsequent nicht berücksichtigt.

Wir sind der Meinung, dass unsere öffentlichen Parkplätze im Innenstadtbereich - wie bisher auch – gut und effektiv mit der Parkscheibenregelung verwaltet werden können. Damit lassen sich Dauerparker genauso gut oder schlecht verhindern wie mit Tickets.

Wir sind der Meinung, dass das von der WBL/JB eingebrachte Konzept erhebliche Mängel und Schwachstellen aufweist und so als Parkraumkonzept nicht taugt. Der Aufwand einer so breit angelegten Gebührenpflicht steht nach unserer Bewertung weder in einem angemessenen Verhältnis zum voraussichtlichen Nutzen noch zu den zu erwartenden Einnahmen.

Wir sprechen uns ganz entschieden gegen weitere Hürden für den Einzelhandel und gegen erzieherische Maßnahmen für die Wernauer Bürgerinnen und Bürger in diesem Bereich aus und als Solche muss man Parkgebühren in diesem Zusammenhang eindeutig verstehen.

… und genau deshalb haben wir gegen den Antrag der WBL/JB gestimmt.

PB