SPD Wernau

Stellungnahme zum Haushalt 2024 der SPD-Fraktion

Veröffentlicht am 31.01.2024 in Gemeinderatsfraktion

Wir gehören zu den leistungsschwachen Gemeinden.
Dieser Satz beschäftigt mich seit der Einbringung des Haushalts. Jeder weiß es, eigentlich, und nicht erst seit diesem Jahr, ignoriert es aber erstmal. Wie das eben mit unangenehmen Wahrheiten ist. Aktives Gegensteuern ist jedenfalls für mich schwer erkennbar.

So hat sich nicht viel geändert?!
Wie auch schon in den vergangenen Jahren finanziert sich unser Haushalt in der Hauptsache aus dem Anteil an der Einkommenssteuer, den Schlüsselzuweisungen und nur zu einem geringen Teil über die Gewerbesteuer. Kurz gesagt wir hängen am Tropf.

Der Haushaltsplan 2024 macht einmal mehr deutlich wie abhängig wir von Zuweisungen sind und zeigt auf wie wichtig Gewerbe und die damit verbundenen Steuereinnahmen für uns wären. Aber während man, wenn es um Wünsche und Forderungen nach Sporthallen oder Eigenwasserversorgung geht, gerne mal zu den Nachbarkommunen schaut, tut man das bei der Erschließung von Gewerbegebieten und der Ansiedlung neuer Betriebe lieber nicht. Die Entwicklung des Gewerbegebiets Neckartal III wurde mit der Ablehnung der Änderung des Flächennutzungsplans jedenfalls ausgebremst und damit auch die Chance auf eine strukturelle Verbesserung der Einnahmensituation.
Dabei kommen ständig neue Aufgaben auf uns zu. Allein in der Kinderbetreuung haben wir inzwischen einen Nettoresourcenbedarf von 5,4 Mio € - Tendenz steigend. Klimaschutz, Digitalisierung der Verwaltung, Digitalisierung der Schulen, wir haben den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule noch nicht umgesetzt. Das heißt das Großprojekt Ganztag auf dem Katzenstein wartet ebenso auf die Umsetzung, wie der Neubau der Kita Adler-Ost III oder wie das Kiwi seit 10 Jahren auf neue Räume. Da die Grünen und die Wernauer Bürgerliste der Entwicklung des Gewerbegebiets nicht zugestimmt haben und die Planung für das Pflegeheim unklar ist, steht aktuell auf der Einnahmenseite des Haushalts ein nicht unerheblicher Betrag von rund 7,5 Mio € in Frage. Vor diesem Hintergrund halten wir es für zwingend notwendig die ausstehenden Großprojekte auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen, klare Prioritäten zu setzen und sich auf ein Vorgehen zu einigen, das von allen Fraktionen mitgetragen werden kann.
Wir haben die Verantwortung für die Ausgaben und die Einnahmen und für Projekte, die auf Jahre unseren Handlungsspielraum bestimmen, müssen Finanzierungsvorschläge vorliegen und es muss auch deutlich gesagt werden auf was verzichtet werden soll.
We want it all! And we want it now ! der Song von Queen geht mir da durch den Kopf.
Aber so viel ist klar - Es geht nicht Alles!

Es hat sich nicht viel geändert?!
Und so sind die Fragen, was Planung und Umsetzung des Seniorenheims betreffen, immer noch nicht beantwortet. Diesen Teil könnte ich aus meiner Rede vom letzten Jahr übernehmen und er wäre leider immer noch aktuell.
Auch bei einigen unserer Anträge muss ich leider auf das letzte Jahr verweisen.

Jugendhaus
So halten wir den Antrag aus 2023 weiterhin aufrecht, einen neuen Standort für das Jugendhaus zu suchen, den Ersatz für das sanierungsbedürftige Gebäude des Jugendhauses KIWI zu planen und die dafür notwendigen Planungsmittel in den Haushalt einzustellen. Seit Jahren wird die Planung eines Neubaus auf unbestimmte Zeit verschoben. Wir sind der Meinung, dass es Zeit ist, ein Konzept vorzustellen. Über unseren Antrag wurde weder diskutiert noch erfolgte eine Beschlussfassung, die eine Perspektive, wie man sich Jugendarbeit künftig vorstellt, aufzeigt. Nach inzwischen mehr als 10 Jahren „Verschieben“ sind wir dem KIWI, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allem unseren Kindernund Jugendlichen eine klare Antwort schuldig.

Kinder- und Jugendbeteiligung
Weiter stellen wir den Antrag, erneut in das Thema Kinder- und Jugendbeteiligung einzusteigen und konkrete Vorschläge zu entwickeln wie diese nachhaltig in den Abläufen implementiert werden kann. Da die Teilnahme an dem bundesweiten Programm „kinderfreundliche Kommune“ und damit die fachliche Begleitung durch den Verein „Kinderfreundliche Kommune e.V.“ durch die Mehrheit im Gemeinderat abgelehnt wurde, fordern wir eigene Überlegungen und konkrete Vorschläge für die Umsetzung der Inhalte.

Barrierefreie Stadt
Der freie Zugang zu Angeboten und Einrichtungen der Stadt sowie die Beteiligung am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben ist für Menschen mit Behinderung in Wernau nicht so ohne weiteres möglich. Aber alle haben gleichermaßen ein Recht auf Teilhabe und unsere Aufgabe ist es den freien Zugang zu allen Angeboten eines Gemeinwesens sicherzustellen. Das gilt sowohl für öffentliche Gebäude und Bauvorhaben als auch für Internetauftritte und digitale Serviceleistungen gleichermaßen. Deshalb sollte in einem ersten Schritt ein Gutachten über die Barrieren im öffentlichen Raum und Vorschläge zu deren Beseitigung in Auftrag gegeben werden.

Wegeplanung für Menschen mit Behinderung bei größeren Bauvorhaben
Die Infrastruktur einer Stadt sichert den freien und ungehinderten Zugang der Bevölkerung zu allen Gebäuden, wie privaten Wohnräumen, Behörden und Geschäften. Werden durch private Baumaßnahmen diese Zugänge im öffentlichen Eigentum mit Barrieren versehen, dann sollten die verantwortlichen Bauträger dafür sorgen müssen, dass die jeweiligen Zielorte dennoch ohne unzumutbare Gefahren erreicht werden können. Dass dies in der Vergangenheit nicht der Fall war, haben die über mehrere Monate dauernden Baumaßnahmen in der Kirchheimer Straße gezeigt. Die Stadt soll deshalb Mindestvoraussetzungen für einen Wegeplan festlegen und die Umsetzung bei den Bauherren einfordern.

Im Zentrum unserer Anträge zum Haushalt stehen soziale Aspekte, die unter dem herrschenden Kostendruck schnell in den Hintergrund geraten. Die seniorengerechte Weiterentwicklung der Stadt, eine Stadt in der auch junge Menschen ihren Platz haben und Gehör finden und nicht zuletzt eine verlässliche Kinderbetreuung sind dabei die Kernpunkte unserer Fraktion.
Ausreichend Kitaplätze zur Verfügung stellen zu können, den Bildungsauftrag, auch in Hinblick auf Sprachförderung, umzusetzen, bedarfsgerechte Betreuungszeiten verlässlich anzubieten und die kontinuierliche Sanierung der dafür notwendigen Gebäude bleibt aus unserer Sicht dabei eine der herausforderndsten, weil wichtigsten Aufgaben in den nächsten Jahren. Dafür brauchen wir einen Plan und dafür müssen wir uns zusammensetzen.
Als Kommune müssen wir uns noch stärker bei dem wichtigen Thema Wohnungsbau einbringen. Die Konzeptausschreibung und Konzeptvergabe mit den Quotierungsregelungen für preisgedämpften Wohnraum in Adler Ost III waren ein guter Schritt. Aber wir sollten auch die Innenentwicklung wieder stärker in den Blick nehmen, das Leerstandskataster das vor Jahren angelegt wurde aktualisieren und die Nachverdichtung erneut bewerben. Natürlich weiß ich, dass das auch bedeutet bei jedem einzelnen Projekt in die Diskussion zu gehen und sich der Kritik auszusetzen. Aber Wohnraum zu schaffen sollte das wert sein.
Die Idee in einer Klausurtagung ein Leitbild für Wernau zu entwickeln können wir nur immer wieder gutheißen und hat unsere volle Unterstützung.
In diesem Zusammenhang erneuern wir auch die Forderung nach einem Ältestenrat. In dem Ältestenrat sehen wir die Unterstützung der Bürgermeisterin durch alle im Gemeinderat vertretenen Fraktionen. Durch die Beratung beim Erstellen der Tagesordnung haben die Fraktionen die Möglichkeit mitzugestalten und übernehmen gleichzeitig einen Teil der Verantwortung für die Gewichtung der Themen. Da der Antrag 2023 in Hinblick auf die Neuwahl der Bürgermeisterin nicht diskutiert, sondern nur vertagt wurde, stellen wir ihn heute erneut.

2023 stand im Zeichen der Bürgermeisterwahlen und so einige Entscheidungen wurden verschoben. Wenn wir heute den Haushalt beschließen, gehen wir mit vielen offenen Baustellen und ungeklärten Fragen in das neue Jahr, sind aber zuversichtlich gute Lösungen zu finden und werden dem Haushalt zustimmen.
Wir werden uns wie bisher, weiter bemühen, unseren Beitrag für eine positive Entwicklung zum Wohle der Bürger*innen unserer Stadt zu leisten und hoffen auf die konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen, ohne die das nicht möglich ist.
Es ist längst nicht mehr selbstverständlich bei allem Engagement für die Sache, eine andere Meinung zu akzeptieren und seinem Gegenüber respektvoll zu begegnen. Wir alle haben das im letzten Jahr mit Erschrecken erfahren.
Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mir Frau Bürgermeisterin Krieger und setzen auch da auf eine offene, vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit.
Unser Dank geht an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt und ihren Einrichtungen für ihren Einsatz unter nicht immer optimalen Bedingungen.

Bedanken wollen wir uns auch ganz besonders bei allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl eingesetzt haben. Sie sind es die unsere Stadt liebenswert machen und mit dafür sorgen, dass sie auch lebenswert bleibt.

Petra Binz
Fraktionsvorsitzende