SPD Wernau

Unser Statement zum Antrag der Fraktion Grüne/Unabhängige, zur Wiederherstellung der Eigenwasserversorgung.

Veröffentlicht am 03.05.2021 in Gemeinderatsfraktion

Gemeinderat am 26.04.2021

Blicken wir zurück in die öffentliche Sitzung am 27.11.2017 wo uns das Gutachten der Firma RBSwave über die Trinkwasserversorgung in Wernau erstmalig vorgestellt wurde. Eine 2. Vorstellung bzw. Beratung mit der Gutachterin Frau Zehender fand in der ebenfalls öffentlichen Sitzung am 19. März 2018 statt.
Erst in der 3. öffentlichen Sitzung, bei der auch die Stellungnahme des Landratsamtes vorlag, haben wir uns bewusst gegen diese Stellungnahme für den Rückbau der Brunnen und damit der Eigenwasserversorgung entschieden.
Die Gründe für unsere Entscheidung waren bis dahin ausreichend bekannt.

 

1. Wir stehen mit den beiden Fernversorgungen auf zwei sicheren Beinen.
 
2. Außer der Sanierung der Brunnen mit notwendiger Kamerabefahrung, müssten wir in umfangreiche und wartungsaufwändige Filteranlagen investieren, weil:

Zitat aus dem Gutachten:

  • „Mikrobiologische Belastung im Rohwasser häufig,
  • Wasser wird bei ansteigender Trübung nicht zur Trinkwasserversorgung genutzt.
  • Beeinträchtigung der Wasserqualität durch den Neckar (Hochwasser, Havarien) und Altlasten möglich,
  • kein ausgeschriebenes Wasserschutzgebiet: Altlasten, Industrie und der Neckar im Einzugsgebiet“

3. Im Einzugsgebiet liegen Abwasserleitungen die schadhaft sein können und augenblicklich eine auch schadhaft ist.
4. Wie inzwischen bekannt, verläuft die über 60 Jahre alte Versorgungsleitung zum Hochbehälter Hengenbach, teilweise unter bebautem Gebiet und ist im Schadenfall schlecht zugänglich.
5. Im Hochbehälter wird das Eigenwasser mit dem Bodenseewasser vermischt, sodass das Argument einer sichereren Versorgung im Falle einer Verschmutzung des Fernwassers nicht zieht.

Außerdem erhalten wir nur durch die Vermischung mit Bodenseewasser einen gängigen Wasserhärtungsgrad von ca. 12° dH, weil das Brunnenwasser bei ca. 24° dH liegt und so alleine normal nicht zu gebrauchen ist.

6. Dass das Landratsamt in seiner Stellungnahme den Erhalt der Eigenversorgung empfiehlt, ist im § 50 (2)3 des WHG des Bundesministerium für Umwelt begründet und besagt:

„  ………. dass der Wasserbedarf vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken ist. Nur wenn dies nicht möglich ist oder zu unvertretbarem Aufwand führen würde, darf Wasser auch aus ortsfernen Wasservorkommen herangeführt werden. Damit sollen insbesondere kilometerlange Überlandleitungen mit ihren negativen ökologischen Folgen vermieden werden“

Nachdem die Leitungen aber schon lange liegen und wir daran angeschlossen sind, ist der Grundsatz für uns nicht relevant und wir konnten uns zurecht gegen die Empfehlung entscheiden.

Die umfangreich und detailliert vorliegenden Recherchen der Fraktion Grüne/Unabhängige zum Antrag stammen zum Teil aus den gleichen Quellen, aus denen wir ein optimistischeres Bild zu unserer zukünftigen Trinkwasserversorgung sehen als die hier, eher pessimistische dargestellte Vision.

Sowohl die Landeswasserversorgung als auch die Bodenseewasserversorgung befassen sich ja schon lange mit der Thematik. Beide sind für eine sichere Versorgung ihres Netzes in der Zukunft verantwortlich und haben sich darüber nicht nur Gedanken gemacht, sondern zeigen auch nachlesbare Daten und Lösungen auf.

Die Begründung des Antrages der Fraktion Grüne/Unabhängige, dass sich die Faktenlage in den letzten beiden Jahren grundsätzlich verändert hat können wir so nicht nachvollziehen. Ich erinnere z.B. an das Jahr 2003.
Und das angeführte Beispiel von Brombach wo eine Quelle, als einzige Wasserversorgung versickert ist oder sich das speisende Wasser einen neuen Weg gesucht hat, spricht eigentlich gegen die Begründung.


Und nun komme ich zu unseren ergänzenden Recherchen

Prof. Dr.-Ing. Frieder Haakh, der maßgeblich an dem Masterplan für die Wasserversorgung der Zukunft beteiligt ist sagt:
„Es ist ein Problem für die Fernwasserversorger, wenn die Politik einerseits mit dem „Vorrang der ortsnahen Wasserversorgung“ einseitig auf den „Brunnen vor dem Tore“ setzt, dabei aber verkennt, dass ohne Fernwasserversorgung die Wasserversorgung in den Jahren 2003 und 2015 zusammengebrochen wäre. Dabei geht es nicht um ein „Entweder-oder“, sondern um ein volkwirtschaftlich sinnvolles „Sowohl als auch“! Dem wird § 50 (2)3 WHG nicht gerecht. Anstelle des Vorrangs der ortsnahen Versorgung ist der Vorrang effizienter Verbundstrukturen zu fordern und zu fördern.“

Eine solche Verbundstruktur der Eigenversorgung, die andere Kommunen mit einschließt haben wir nicht.

Weiter zitiere ich:
„Es ist bekannt, dass das Wasserhaushaltsgesetz und die Landesgesetze den Bezug aus „örtlichen Vorkommen“ den Vorrang einräumen, aber nicht nur Juristen wie Professor Reinhardt fragen, ob das Ortsnäheprinzip für die Wassergewinnung und Wasserversorgung in Zeiten des demographischen und klimatischen Wandels nicht ein Auslaufmodell ist.“

Was heißt das?
Der Masterplan setzt auf eine sichere Trinkwasserversorgung in der Zukunft durch die Fernversorger. Er setzt darauf, dass diese durch Pumpen- und Filterleistung auf den technischen Stand gebracht werden, um die notwendigen hydraulischen und hygienischen Bedingungen zu erfüllen und genügend Wasserdurchsatz für ihre Abnehmer in der Zukunft garantieren können. Beide Fernversorger, an die wir angeschlossen sind, sprechen nicht von zukünftigem Wassermangel, im Gegenteil, sondern von momentan kurzfristigen techn. Grenzen. Daran arbeiten beide intensiv, was sowohl beim Versorger mit Donauwasser nachzulesen ist als auch bei der Bodenseewasserversorgung im Projekt-Zukunftsquelle.

Weiter ist nachzulesen bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg:
„Es kann davon ausgegangen werden, dass die Wasserversorgung landesweit auch langfristig gesichert ist.“

Oder: Deutscher Bundestag Drucksache 19/9521
„Einen flächendeckenden Wasserstress in Deutschland gibt es bislang nicht.“

Und nun noch ein Blick in die Wernauer Chronik in der auf S. 271 vermerkt ist, dass die Gemeinde Wernau an das größte und leistungsfähigste Wasserversorgungsnetz des Landes angeschlossen ist. Ich denke das gilt auch noch heute.

Für eine Situation, dass ein Fernversorger ausfällt möchte ich ergänzend noch auf unsere Wernauer Versorgungssystem eingehen, das dem Landratsamt wohl nicht vorlag oder übersehen wurde:
Es besteht für diesen Fall die Möglichkeit, durch Öffnen von Schiebern oder über eine Druckerhöhungsanlage die beiden Netzbereiche zu verbinden und somit das gesamte Netz durch einen Versorger zu bedienen. Das Prozessleitsystem in den Hochbehältern erkennt zum Einen, den Ausfall eines Versorgers bzw. eine schnellere Entleerung eines Behälters und erhöht automatisch den Bezug und die Füllgeschwindigkeit. Somit ist beim Ausfall eines Versorgers die Wasserversorgung gesichert. Da die Versorgung durch die beiden Unternehmen fast hälftig ist, wäre es relativ egal, welcher der beiden Versorger ausfällt. Und dass beide gleichzeitig ausfallen ist unwahrscheinlich. Das wäre der Supergau bzw. eine Katastrophe. Aber selbst dafür stünde uns ein Notbrunnen zur Verfügung, der kurzfristig die reine Trinkwasserversorgung mit 2l pro Person und Tag für das ganze Stadtgebiet und darüber hinaus sicherstellen kann.

Ich frage nun: ist die aufgekommene Angst, vor in der Zukunft fehlendem Trinkwasser in Wernau weiter berechtigt und haben wir allesamt im Mai 2018 falsch entschieden?

Ich bzw. wir beantworten mit einem überzeugten Nein, und jeder Euro der für weitere Untersuchungen entsprechend dem Antrag ausgegeben wird, um evtl. den Erhalt bzw. Rückbau zur Eigenversorgung zu erzwingen, ist nach unserer Auffassung und dem dargelegten Hintergrund ein verlorener EURO.

Der erweiterte Antrag mit Beauftragung eines weiteren externen Büros zur Klärung eines evtl. Rückbaus bzw. zur Evaluierung evtl. anderer Brunnenstandorte, die zugänglicher zu den Hochbehältern wären, kann nur sinnvoll sein, wenn wir weiter eine Eigenwasserversorgung als 3. Bein zum Ziel haben.
Das wäre aber eine Grundsatzentscheidung, die vor dem Schritt einer Beauftragung geklärt sein müsste.
Denn die Folge von evtl. positiven Prognosen – und nur das könnte laut vorliegendem Angebot des aufgeführten Büros das Ergebnis sein – wären als weiterer Schritt Erdbohrungen notwendig usw. usw.  Und bei negativer Prognose ist das Geld sowieso umsonst ausgegeben.  

Auf diesem umfangreichen Hintergrund müssen und werden wir den gestellten Antrag in allen Punkten ablehnen!